Bernd Bierbaum
«Farben, Leinwand und Kamera sind meine ständigen Begleiter um Impulse zu verarbeiten und zu dokumentieren»
Gemälde (1)
«Die Malerei hilft mir, das Unbeschreibliche sichtbar zu machen»
Bernd Bierbaum
«Zwischen den Räumen»
die Fotos der Ausstellung können auf Papier, Acrylglas oder Leinwand gedruckt erworben werden
«Eine Geschichte ist wie der Wind, sie schwebt von der Ferne herbei und wir spüren sie. Wenn die Sonne wärmt, werde ich nach so einer Geschichte greifen.«
– //Kabbo, ein Buschmann des 19. Jhdt.
«Bierbaum ist mit offenen Augen unterwegs»
ANDREAS OBST
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Konzepte
Chronologie der Ausstellungen :
ZWISCHEN DEN RÄUMEN (2023)
Unsere individuelle und gesellschaftliche Identität polarisiert stark zwischen:
Schwarz oder Weiß / Reich oder Arm / Krieg oder Frieden / Mann oder Frau / Hier und Dort / Vorher und Nachher /Erfolg und Misserfolg / Alt und Jung / Lachen oder Weinen / Krank oder Gesund.
Diese Gegensätze reduzieren dynamische Abläufe zugunsten dauerhafter Zustände und Fixpunkte, die dem Einzelnen vermeintlich Ordnung und Sicherheit bieten.
Eine Auswahl von Fotos, die auf der ganzen Welt entstanden, erlauben durch ihre Abstraktion Unschärfe, Überlappung und Bewegung. Andere konkrete Motive wurden so ausgewählt, dass sie Zwischentöne, Nuancen und Distanzen aufspüren. So stellt sich die Frage:
„Was geschieht hinter den Augenlidern eines jungen Mädchens in Ghana?“
Die Präsentation der Fotografien folgt dem Inhalt indem sie mit Texten unterlegt werden. Auf Papier und – oder Acrylglas gedruckt werden sie zusätzlich per Beamer an die Wand geworfen, um einer durch den Künstler entwickelten Dynamik Rechnung zu tragen.
ENDZEIT (2020-2023) berichtet vom sehr persönlichen Umgang des Künstlers mit der Corona-Pandemie im März 2020 in Südafrika. Fotos, Gemälde und Texte veranschaulichen die ersten sieben Tagen des Lockdowns.
RANDOM IMPACT (2018) thematisiert die Amokfahrten in Nizza, Trier und Berlin, bei denen mit Hilfe von Autos und LKWs wahllos Menschenleben ausgelöscht wurden. Die Angriffe auf den öffentlichen Raum verdeutlichten die Verwundbarkeit und Zerbrechlichkeit des gemeinschaftlichen Miteinanders.
In großer räumlicher Distanz zu den Ereignissen wurden die Bilder in Kapstadt gemalt, und sind dort auch ausgestellt. Ohne erkennbare geografische, inhaltliche, farbliche oder chronologische Zuordnung (außer bei der Wahl des Titels), setzen sie den zerstörten Leben ein Denkmal. Allen Bildern gemeinsam sind kontrastreiche Pigmente und Oberflächen.
Den Gemälden werden Fotos von Grabsteinen der Herrnhuter Brüdergemeinde im dänischen Christiansfeld gegenübergestellt. Dem Glauben dieser Gemeinschaft zufolge dürfen Namen und Jahreszahlen der Verstorbenen allmählich verwittern, von Flechten ohne erkennbare Regelmäßigkeit überwuchert werden und alsbald verschwinden. Es entsteht ein wortloser Nicht-Ort, in Stille, ohne dass deshalb die Erinnerung an Kraft verlieren würde.
ABWESENHEIT (2004) wurde ausgelöst durch den frühen Verlust des Vaters und der Großeltern. Seit ihrem Ableben manifestieren sie sich vor dem inneren Auge des Künstlers durch Umrisse, Licht, Bewegung und Farbe. Auf diese Art bleiben die Verstorbenen eine wichtige Referenz bei Entscheidungsfragen oder während bedeutender Anlässe. Als “lebende Ahnen” (einem Konzept, das in vielen anderen Kulturen selbstverständlich ist) nimmt eine Vorstellung von ihnen weiterhin am Leben teil. Die gemalten Bilder sind der Versuch ihre anwesende Abwesenheit zu würdigen.
Den Gemälden werden Fotos gegenübergestellt, die aus dem Zugfenster aufgenommen wurden. Je schneller der Zug durch das ehemalige “Zonenrandgebiet” fährt, einer längst verschwundenen Gegend zwischen den neuen und alten Bundesländern, um so stärker verwischt sich jeder Versuch einer Betrachtung.
Der Titel des Bilderzyklus I LOVE (1996) geht auf ein Graffiti zurück, dass der Künstler in Island entdeckt hatte, ist aber eng mit Ereignissen des Sommers 1996 verbunden. Die Kirche Saint Bernard im Pariser Stadtteil La Goutte d’Or war damals Schauplatz einer Auseinandersetzung um die Sans Papiers, d.h. Männer, Frauen und Kinder, die ohne offizielle Dokumentation in Frankreich lebten, und in ihre Heimatländer deportiert werden sollten. Nachdem der Gemeindepriester am 28. Juni fast 300 Migranten mit Sans Papier Status das Kirchenasyl in Saint Bernard gewährt hatte, wurden diese am 23. August durch 1500 Sicherheitskräfte vor laufenden Fernsehkameras gewaltsam abgeführt und verhaftet, nachdem zuvor Soldaten die Kirchentüren mit Äxten eingeschlagen hatten. Der Vorfall verursachte eine tiefe Krise in der politischen Landschaft Frankreichs.
Der Künstler, der damals im gleichen Pariser Quartier wohnte, entwarf “I LOVE” vor dem Hintergrund angespannter Diskussionen um Identität, Nationalität, und den zentralen christlich-abendländisch- , ja universal-menschlichen Glaubenssatz der Liebe, und seiner Ignorierung.
Zwölf großformatige Bilder, die in Australien, Brasilien, Island, den Kanaren und in Kanada entstanden waren, wurden neben dem provisorischem Wohnraum der “Sans Papier” über Altäre und in einer der Kapellen aufgehängt.
RIVERS OF INDIA (1995), war von einem antiquarischen Sachbuch über Flüsse Indiens inspiriert. Anstatt auf Zahlen und Gefällediagramme zurückzugreifen, versucht sich der Text in einer prosaischen Beschreibung der Lebensläufe: von der Quelle in den Bergen bis zur Mündung im Ozean, wo sich der individuelle Charakter des jeweiligen Flusses im Großen Ganzen auflöst. Übertragen auf das menschliche Leben, bieten sich biographische Parallelen an.
bisherige Ausstellungen:
1995: Rivers of India (Fotografien)
1996: I LOVE
1995-2012: ABWESENHEIT
2014-2019: RANDOM IMPACT
2020-2022: ENDZEIT
2023: Zwischen den Räumen (Fotografien)
Bernd Bierbaum wurde 1964 geboren, studierte Ethnologie und Philosophie in München und Brasilien, und arbeitet weltweit als Kulturvermittler und Expeditions-Guide. Er lebt in (und zwischen) Kapstadt und Havelberg.